Chronik
Kirchengemeinde
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Holzhacken sollte er und bey seinen Ochsen stehn und nicht Kinder lehren und predigen wollen. Ja, der alte seelige Herr, das war ein Mann! Der konnte uns demonstrieren aus Wort und Vernunft. Aber dieser schläft täglich zweimal sein Stadtbier aus, und fängt dann wieder von vorne an.”
Diese derbe Kritik zeigt, daß die Obernseeser nicht immer mit ihrem Pfarrer zufrieden waren. Wie umgekehrt ein Ortsgeistlicher die Obernsee-
ser beurteilt, geht aus dem Bericht des Pfarrers Steuerer von 1864 hervor:
“Die Obernseeser im Ganzen haben sehr glückliche Verstandesgaben und einen leicht zu bestimmenden Willen.

Es ist darum umso mehr zu bedauern, dass während mehr als 70 Jahren wahrhaft christliches Wissen und Glauben bei ihnen teils sehr wenig gepflegt, teils sogar möglichs gehindert wurde.”
Großer Beliebtheit scheint sich indess der Pfarrer J. P. Schmidt erfreut zu haben. Als er im Alter von 79 Jahren und drei Monaten starb, war er nicht weniger als 42 Jahre in Obernsees tätig gewesen. Während seiner Amtszeit wurde die neue Kanzel in St. Rupert und der neue Leichenacker geweiht, der Opferstock in St. Rupert ausgeraubt, vier wilde Ehepaare getraut, der Hauptaltar in Rupert errichtet, wanderten fünf Weberfamilien nach Amerika aus, um nur einige bemerkeswerte Ereignisse aus dieser Zeit zu nennen.
Das 19. Jahrhundert ist das Jahrhundert der Stiftungen. Es ist anzuerkennen, dass viele Bürger des Dorfes die Notstände dieser Zeit sahen und ihnen zu begegnen suchten. Die größte Stiftung war der Schulwitwenfond, gegründet 1822. Bis Ende 1873 erwuchs ein Kapitalstock von 2.550 Gulden.
In den Jahren nach dem 2. Weltkrieg hat sich ein Umbruch auf kirchlichem Gebiet vollzogen. Obernsees war durch seine Geschichte jahrundertelang ein protestantischer Ort. Nur in Ausnahmefällen gehörte vielleicht einmal ein Arzt, ein Braumeister oder ein Gendarm der katholischen Kirche an. Durch Zuwanderung von Heimatvertriebenen aus dem Sudetenland und aus Schlesien wurde fast ein Sechstel der Bevölkerung katholisch. Doch ist von dieser konfessionellen Spaltung kaum etwas zu merken. Die Rupertskapelle wird noch heute von Protestanten und Katholiken zu Gottesdiensten aufgesucht, und der Friedhof dort diente lange Zeit Angehörigen beider Konfessionen als letzte Ruhestätte.

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